Am letzten Samstag war der 3. Oktober. Ein ganz besonderes Datum. An diesem Tag wird seit 25 Jahren die Wiedervereinigung beider deutscher Staaten gefeiert. Ein Grund, dass mein Cousin Roland mir eine Frage stellte:
„Warst du mal in der DDR, als es sie noch gab?“
In meinem Kopf taten sich einige Fragezeichen auf…war ich das? Meine Antwort an ihn war: „Ja, in Ostberlin auf Klassenfahrt und durch die DDR nur durchgefahren. Ich kann mich leider kaum daran erinnern“. Antwort von Roland: „Dann krümele was aus deinen Resterinnerungen zusammen.“
Seine Idee war, dass wir uns gegenseitig „interviewen“. Das Ergebnis könnt ihr hier lesen, ich fange an mit Teil I…
Sag mal, Kurze…
… Du warst doch immer Faustballerin. Warst Du auch mal in der DDR? Welchen Eindruck hattest Du von dem Land und von den Menschen?
ANKE: Als Faustballerin habe ich die DDR nur im Auto auf dem Weg nach Berlin zum Bundesliga-Spiel erlebt. Ich kann mich genau an eine Situation erinnern, als wir an der Grenze (zur DDR) mit unserem Vereinsbulli (ein alter VW) herausgewunken wurden. Wir hatten in der Warteschlange vor der Grenze wegen der Hitze die Schiebetür geöffnet. Uns (Trainer, Betreuer, plus ca. 6 Spielerinnen) wurde etwas mulmig. Schließlich will man ja nicht unangenehm auffallen. Der Grenzbeamte in DDR-Uniform (durchaus sympathisch), steckte den Kopf rein und guckte… wollte wissen: wohin und warum. Und dann fragte er: „Alle schon 18?“. Ich war auch in meinem Team die Kurze, mit gerade 18 Jahren. Alle nickten also und antworteten brav „Ja.“. Dann sprach er explizit meinen Bruder an, der als Betreuer auf dem Beifahrersitz saß: „Sie auch?“. Wir mussten uns zusammenreißen, nicht laut zu lachen. Mein Bruder nickte und sagte ganz zackig: „Ja.“. Dann durften wir weiterfahren (an der ganzen, langen Schlange vorbei!) und das Gelächter war groß. Mein Bruder war damals schon 30.
Sag mal, Großer…
…Du bist doch irgendwann aus der Gegend um Oldenburg nach Berlin umgezogen. Wie hast du diese Zeit erlebt, war Berlin damals noch geteilt?
ROLAND: Nein. Das war nach der Wende. Ich bin auch oft durch die DDR gefahren und im Oktober 1989 war ich für einen Tag in Ostberlin. Ich habe eine große Demo erlebt. Ein Funktionär wurde ausgebuht. Das hat mich damals sehr beeindruckt. Ich war damals Soldat beim Jagdbombergeschwader 43 in Oldenburg und musste diese Reise vorher anmelden, obwohl es nur eine Berlin-Reise war. Das tat ich auch und der Sicherheitsoffizier, der mich belehrte, fragte auch, ob in den Osten wolle. Er war sehr freundlich, ein für mich damals älterer Mann, heute bin ich allerdings sicherlich älter als er, gab mir den Rat, unbedingt nach Ostberlin zu fahren. Es war kurz nach dem Sturz von Honecker. Er meinte, es wären weltpolitische Bewegungen dort im Gange, wie man sie wahrscheinlich nie wieder erleben würde. Ich müsse es mir ansehen. Davon könnte ich dann meinen Enkeln noch erzählen. Es war, wenn ich das mal so salopp sagen darf, der Rat meines Lebens. Ich habe dann nach der Wende diese Umbrüche wirklich aufgesogen – und zwar alles. Kunst, Kultur, Menschen. Wer diese Zeit erlebt hat – und das war meiner Meinung nach schon 1993 vorbei, sieht das heutige Berlin durchaus kritisch. Ich kam auch gerade bei den Ostberlinern gut an, muss ich sagen. Das war keine Selbstverständlichkeit. Ich habe immer interessiert, aber vorurteilsfrei gefragt. Das hat viele gefreut. Ältere Menschen machte es allerdings eher aggressiv, sie witterten wohl eine Hinterhältigkeit in der Frage. Während meiner Ausbildung als Werbekaufmann in Berlin sollte ich für die Berufsschule ein Referat über die RAF halten. Ich schrieb dem ehemaligen Geheimdienstchef der DDR, Markus Wolf einen Brief, was er über die in die DDR geflüchteten RAF-Mitglieder wüsste. Er schrieb mir schnell zurück – handschriftlich. Er wisse nichts von alledem. Dieses „nichts wissen“, was eine Lüge war, und seine Handschrift, die so sehr sauber, schnörkellos und auf eine ganz ominöse Weise gradlinig und einer formalen Logik unterworfen war, ist für mich heute fast symbolisch für die DDR und ihren Untergang.
WEISSENSEE, diese wunderbare ARD-Serie, führt uns das ganz vor die Augen.
To be continued…. 😉
Super Beitrag. Ich war leider zu der Zeit nicht in Berlin… Wir mussten wandern in Garmisch ? aber ich erinnere mich noch genau, an die Worte meiner Eltern, wenn sie aus dem Osten kamen… Sie fanden es sehr bedrückend und beängstigend die Grenze zu überfahren. Später als die Mauer gefallen war, waren sie noch einmal „drüben“ und alles war anders ?
Danke Christine für das Lob. 25 Jahre sind echt eine halbe Ewigkeit…mehr als mein halbes Leben 😉